Dimensionen
des Zweidimensionalen
Anmerkungen
zu den neuen Arbeiten Dieter Kleinpeters
"Die
erste Kunst, der Skulptur zunächst stehend, ist die Malerei. Sie
gebraucht zum Material für ihren Inhalt und dessen Gestaltung die
Sichtbarkeit als solche, insofern sich dieselbe zugleich an ihr selbst
partikularisiert, d. h. sich zur Farbe fortbestimmt... Die Sichtbarkeit
und das Sichtbarmachen der Malerei hat ihre Unterschiede als ideellere,
als die Besonderheit der Farben, und befreit die Kunst von der sinnlich-räumlichen
Vollständigkeit des Materiellen, indem sie sich auf die Dimension
der Fläche beschränkt."
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ästhetik (Einleitung, Kap. IV, Abschnitt
3: Das System der einzelnen Künste)
1.
Es gibt nichts besseres, als ein Hegel-Zitat zu bemühen, um Dinge
mit Sinn anzufüllen. Alles Fragmentierte, Lose, Individuelle wird
mit Weltgeist versehen, mit der Logik des Übergreifenden und der
Unerbittlichkeit eines So-und-nicht-Anders. Wenn man also über Dieter
Kleinpeter redet sowie über die Tatsache, dass seine Kunst sich in
allererster Linie als Malerei artikuliert, und wenn man es gleichzeitig
müde ist, diese Arbeit in den diversen Konjunkturen und Obsoletheiten,
Renaissancen und Verwerfungen zu verorten, in denen die Malerei dank Diskurs
oder Marktchancen befinden mag, dann hilft einem Hegel über die erste
Hürde hinweg. Malerei, heißt es da, hat als Material die Sichtbarkeit;
ihre Mittel sind jene der Partikularisierung; das Faktum, dass sie der
Fläche verpflichtet ist, erscheint gar als Befreiung; Beschränkung
ist Emanzipation.
Dass Gemälde flach sind, hat man schlechterdings immer gewußt.
Doch es war die Moderne, die daraus eine Philosophie machte. Manche drechselten
daraus einen manifesthaften Slogan, Maurice Denis etwa mit seiner berühmt
gewordenen Sentenz von 1890: "Man muss sich klar darüber sein,
dass ein Bild, bevor es ein Schlachtross, eine nackte Frau oder eine Anekdote
ist, eine Oberfläche ist, bedeckt mit Farben, die in einer bestimmten
Ordnung gruppiert sind." Und manche stilisierten eine Meistererzählung,
die unerhörte Geschichte von einem Lebens- und Weltprojekt, an dem
alle teilhatten, wenn sie nur wach genug waren für den Geist der
Aufklärung. Der große Epiker dieses Prozesses ist Clement Greenberg.
Künstlerische Moderne, oder wie er es nennt, Modernismus ist nach
Greenberg eine Tendenz, die zunehmende, einer Bewegung, einer Linearität
und einer Kontinuität unterliegende Konzentration, in der sich ein
Medium auf seine unhintergehbaren Eigenschaften hin orientiert. Und was
die Malerei angeht, Greenbergs Paradekunst, dreht sich alles um die Tatsache
eben der Flachheit, der "Flatness": Diese Konzentration auf
das Ureigene ist Ergebnis ständiger Hinterfragung, eines "Self-Criticism",
so Greenberg, der einen Status Quo des künstlerisch Erreichten immer
schon wieder dementiert und einen Mechanismus in der Veränderung
in Gang setzt, der permanent abläuft und der in eine kalkulierte
Richtung hin abläuft, denn er setzt am jeweils Erreichten an, um
es weiter zu radikalisieren. Greenbergs Erfolg war, man weiß es,
exorbitant. Die Moderne ist ein unvollendetes Projekt, und der Künstler
treibt es voran in die Erfüllung ihres weltgeschichtlichen, geschichtsphilosophischen
Plans.
Wo die Erfüllung lag, ließ sich bei Greenberg ebenfalls lesen,
und zwar bereits in einem seiner frühesten Texte, "Towards a
Newer Laocoon" von 1940: "Unter dem Einfluß der rechteckigen
Form der Leinwand tendieren die Formen zum Geometrischen - und zum Vereinfachten,
denn Vereinfachung ist ebenso Teil der instinktiven Anpassung an das Medium.
Am wichtigsten aber ist, daß die Bildfläche immer dünner
und dünner wird, dass sie sich ausfaltet und die fiktiven Schichten
von Tiefe zusammenpresst, bis sie sich als eine einzige auf der wirklichen
und materiellen Ebene wiederfinden, die die eigentliche Oberfläche
der Leinwand ist." Die Tendenz, soviel ist klar, geht in Richtung
Abstraktion. Selbstkritik ist Emanzipation von der Figur. Das ist lupenreiner
Hegelianismus.
2.
Malerei, so sieht es heute, nach dem Ende der großen Erzählungen,
aus, ist eher mit zuviel denn mit zuwenig Sinn umgeben. Dass Fläche
eine Chance ist, dass Formenlosigkeit zur Befreiung führt und dass
wer malt am Fortschritt mitschreibt, ist zur Genüge gesagt worden.
Teleologien haben wir verinnerlicht. Wie geht es also, und damit tut sich
eine andere, womöglich mühevollere Hürde auf, wie geht
es also weiter? Fragen wir bei Kleinpeter.
Jedenfalls geht es nicht linear und jedenfalls geht es nicht im Rahmen
einer übergreifenden, totalisierenden Konstruktion weiter. Nach Jahren
eines informellen, Fragen wie Relationierung, Links-Rechts- oder Oben-Unten-Ponderation,
Transparenz oder Opazität von Lagen und Kontrastreichtum oder lasierenden
Übergang der Farben umkreisenden Gebrauchs der malerischen Mittel
hat sich Kleinpeter in den jüngsten Arbeiten in das konventionellste
aller Terrains, jenes der Menschenbildnerei und der Stilleben, aufgemacht.
Statt Konfigurationen stehen Figurationen im Mittelpunkt, statt Disjunktionen
Konjunktionen und statt Transgressionen des Mediums die Traditionen des
Metiers.
Nach aller modernistischen Theorie wäre Kleinpeters momentane Praxis
ein Hort der Gegenaufklärung, und es ist auch heute noch keineswegs
aus der Zeit, in der Rückkehr zu figürlichen Gestaltungen einen
Verrat am künstlerischen Fortschritt zu wittern. Und doch gibt hier
ein Maler der Beruhigung statt: der Entdynamisierung des Materials; der
Statik von Kontur und Kontrast; der Verwiesenheit auf eine Rezeption,
die, es ist von Friedrich Piel in einem versponnen-versonnenen Text über
Kleinpeter betont worden, viel stärker gefragt ist, wenn es um Idenitfikationsleistungen
geht, wenn Formen mit konventioneller Bedeutung versehen und Konstellationen
im Bild auf solche im Alltag bezogen bezogen werden müssen - das
Abstrakte ist in der Tat das Konkrete, denn es ist von jeher allein das,
was es ist, und also sich selbst. All diese Momente einer Abkopplung von
Entwicklung, einer Entprozessualisierung und Entdeckung der Langsamkeit
sind Dementis zum Fortschrittselan der vergangenen 200 Jahre.
Es gibt einen markanten Präzedenzfall, einen Klassiker moderner Orthodoxie,
der in einem beispielhaften Akt der Retardierung plötzlich an Bildwelten
Hand anlegte, die seit Dekaden aus der Mode schienen: Kasimir Malewitsch,
und es kommt nicht von ungefähr, dass die monochrom voneinander abgeschotteten
großen weiten Farbflächen, in die er etwa seine "Bauern"
goss, jenen auf den neuen Bildern Kleinpeters durchaus ähneln. Da
hat sich jemand durch den Teigberg der Abstraktion gegessen, und im Schlaraffenland
macht sich die Erinnerung an die vergangenen Sättigungen und Völlereien
noch mit Macht geltend.
Ein Fortschritt, der umgekehrt wird, ist nicht notwendig ein Rückschritt.
Was sich dem provisorischen Überblick auf Kleinpeters Oeuvre nunmehr
ergibt, ist eher ein Patchwork, ein Nebeneinander von Positionen, die
als Möglichkeiten in den Raum gestellt werden. Das große So-und-nicht-Anders
der monumentalen Sinnkonstruktionen ist außer Kraft gesetzt zugunsten
des Offenen, Kontingenten, wenn man so will Rhizomatischen. Hegelianischer
Zeitgeist ist einer nachlinearen Zeitgemäßheit gewichen. Doch
das betrifft in erster Linie die Haltung. Reden wir nun über die
Bilder.
3.
Zwei Argumentationslinien hat die moderne Kunstkritik verfolgt, wenn sie
sich vom Allgemeinen einer Ästhetik auf das Besondere des Einzelobjekts
vorwagte. Das Individuelle, jenes Spezifische, das Clement Greenberg und
die Vertreter einer Geschichtslogik hinter den Bildern nie sonderlich
interessierte, wurde zum Generellen vermittelt, indem man es als Spur,
Markierung, Abdruck nahm, indem man es, mit einem Wort von Charles Sanders
Peirce, als "Index" verstand. Und das eben in zweierlei Hinsicht.
Zum einen, und unter den Texten zu Kleinpeter steht dafür beispielhaft
jener von Burghart Schmidt, setzte man es mit Natur ins Benehmen, mit
dem Wirken, Schaffen, Tätigsein der organischen und anorganischen
Welt, die im Mikrokosmos des Bildes gewissermaßen eine Filiale unterhält.
Zum anderen nahm man es als Index des Künstlers, der "Kraft
des Subjekts", wie es in Dietrich Schuberts Beitrag zu Kleinpeter
heißt, als Reminiszenz, Relikt, Reliquie einer originären,
authentischen oder gar genialischen Instanz des Herstellens.
"Jedes schöne Ganze aus der Hand des bildenden Künstlers,
ist daher im Kleinen ein Abdruck des höchsten Schönen im großen
Ganzen der Natur", schreibt Karl Philipp Moritz in wunderbarer Signifikanz
der Wortwahl. Bereits im späten 18. Jahrhundert ist damit das Konzept
eines Naturbezugs verbindlich gemacht. Dazu gab es von vornherein die
Alternative, und sie hat ebenso beispielhaft Goethe formuliert: "Kunst
ist lange bildend, eh' sie schön ist, und doch so wahre große
Kunst, ja oft wahrer und größer als die schöne selbst...
Laßt diese Bildnerei aus den willkürlichsten Formen bestehn,
sie wird ohne Gestaltsverhältnis zusammenstimmen; denn eine Empfindung
schuf sie zum charakteristischen Ganzen." Hier nun ist das schöpferische
Subjekt umkreist, dessen "Empfindung" etwas "Charakteristisches"
formt.
Wenn in den Bildern nichts anderes drin ist als was auf ihnen drauf ist,
radikalisiert sich das Problem, das Texte mit ihnen haben. Was soll sich
verbalisieren lassen, wenn das in den Bildern Wahrgenommene sich der Form
und dabei der Unterscheidbarkeit zu allem anderen, was sie nicht ist,
versagt. Abstraktion hat das Problem auf den Punkt gebracht und die Konzentration
auf die Natur zum einen, auf das Subjekt zum anderen, die sich angeblich
und vorgeblich in den Werken niedergeschlagen haben, forciert. Die bildnerische
Moderne ist so in die Polarität gedrängt worden von zum einen
impressiven und zum anderen expressiven Modellen ihrer Erklärung.
Eindruck oder Ausdruck, der Weg von Außen nach Innen oder jener
von Innen nach Außen, das schienen die beiden Möglichkeiten,
die beiden denknotwendig überhaupt zur Verfügung stehenden Erklärungsformen
für die Unvermitteltheit, in der Abstraktion die Referenz auf die
Welt, auf die Motive und Erscheinungen verweigerte. So ließ sich
auch erklären, was Kleinpeter malte, als er die Abstraktion pfegte.
4.
Wenn sich, zeichentheoretisch, die Konstruktionen eines Clement Greenberg
den Bildern über das Medium nähern und wenn andererseits jene
Modelle, die die Bilder als Index verstehen, am Code ansetzen, so ist
das, was Kleinpeter in jüngerer Zeit betreibt, eine Arbeit an der
Botschaft. Denn natürlich ist ein Mehr an Bedeutungshaltigkeit im
Spiel, wenn Figuren nicht nur vor der Leinwand stehen, als Produzent und
Rezipient, sondern auch in ihr, als jene Instanz von ikonografischer Wirkung,
die man nicht von ungefähr Personal nennt. Kleinpeter hat sich zur
Figuration durchgerungen, und er hat dabei gleich den Fokus schlechthin
abendländischen Bildgebrauchs genommen. Der Mensch steht im Mittelpunkt.
Das ist das Neue, auch wenn sich die vorangegangene Praxis, die abstrakte,
andeutende, informalisierende, auf Medium und Codierung bedachte nach
wie vor geltend macht. Dazu im folgenden drei Aspekte.
- Natürlich bleiben die Subjektivität der Geste ebenso wie die
Objektivität der materiellen Bedingungen in Geltung. "Es ist
schade", so schob Denis Diderot einst seinem malerischen Favoriten
leise Kritik unter, "dass Chardin seine Manier auf alles überträgt
und dass sie beim Übergang von einem Gegenstand zum anderen manchmal
plump und schwerfällig wird. Sie verträgt sich ausgezeichnet
mit dem undurchsichtigen, stumpfen und starren Charakter lebloser Gegenstände;
aber sie verträgt sich schlecht mit der Lebendigkeit und Feinheit
von Gegenständen, die Empfindung haben." - "Er behandelt
die Figurenbilder", sticht Emile Zola in seinem Essay über Edouard
Manet von 1867 in die gleiche Kerbe, "wie es an den Schulen nur für
Stillebenbilder erlaubt ist; damit will ich sagen, dass er die Figuren
vor sich hin platziert, ein wenig nach dem Zufallsprinzip, und sich anschließend
nur darum bekümmert, sie auf der Leinwand zu fixieren, wie er sie
sieht - mit den lebendigen Gegensätzen, die sich ergeben, wenn sie
sich voneinander abheben." So gesehen hat Kleinpeters Wahl der höchst
traditionellen Sujets subtile Methode: Die je nachdem natürlichen
oder künstlichen Bildmotive von Mensch und Nature Morte würden
verschiedene malerische Zugangsweisen verlangen, doch der Akt des auf
die Leinwand Bringens nivelliert sie. Die Faktur tendiert zu einer Isomorphie,
die den Gegenständen widerstrebt. Überzug und Überzogenes
arbeiten zusammen zur Behauptung einer abstrakten Qualität gerade
in den Fanalen des Figurativen.
- Bei aller Zweidimensionalität der Gesichter und aller buchstäblichen
Glatt- und Flachheit ihres Ausdrucks zieht sich, gleichsam als Schleier,
ein Aspekt des Physiognomisierenden, Eigenschaften Zuteilenden über
die Antlitze. Was die gesamte Moderne hinweg unmöglich war, durch
die Charakteristika derjenigen, die Figuren malten, vorzudringen zu einer
Art von Charakter derjenigen, die gemalt wurden, läßt sich
nunmehr wieder greifen. Das als Index seines Schöpfers verstandene
Bild konnte nur Aussagen machen über sich selbst und die Bedingungen
des eigenen Entstehens. Das als referentiell, mit bildnerischer Botschaft
behaftet verstandene Bild kann auch etwas sagen zu den Menschen in der
anderen Welt, die nicht seine eigene ist. Physiognomisierung heißt
bei Kleinpeter vor allem Vergröberung, heißt auch Verhäßlichung,
und es ist ein Kommentar zur Verfügbarkeit dieser Menschen. Kleinpeter
verwendet fotografische Vorlagen, nicht um dadurch irgendwelcher Porträts
habhaft zu werden, sondern um an etwas anzuknüpfen, das nicht bei
ihm selbst ist. Der Einsatz des eigenen Mediums, der Leinwand, der Papierbahn,
legt sich über das fremde Medium, die Zeitung, die Illustrierte,
das Klatschblatt, das die Vorlagen parat hält. Nolens volens wird
aus dieser ubiquitären, massenmedialen Existenz, in der die Menschen
verharren, ein Charakterzug.
- Schließlich ist augenfällig, dass fotografische Qualitäten
zum Zug kommen. Immerhin entstammt das Foto jener Erfindung, die aus dem
Prinzip Index eine Technik macht. Gerade dank der lichtsensiblen Schicht
der fotografischen Apparatur wird Spur, Markierung, Abdruck automatisch
Bild. Und so sind es vor allem zwei fotografische Mechanismen, die Kleinpeter
bemüht. Zum einen der Kunstgriff der Vergrößerung, des
Blow Up, des Aufblasens zu Überlebensgröße, der den Gesichtern
zu einem monströsen Dasein und zu ihrer, wie man es in den Achtzigern
nannte, "Hyperrealität" verhilft. Zum anderen ist es das
Spiel mit Schärfe und Unschärfe, ist es die ja nachdem minutiös
gezogene und dann wieder verweigerte Kontur, ist es das bisweilen appellative
und dann wieder ins Nebulöse abgewichene Konterfei, in denen fotografische
Reminiszenzen spürbar werden. Im Foto kippt das Indexikalische perfekt
ins Ikonische um, und es ist gerade dieser Vexiereffekt zwischen technischer,
medialer, um Oberflächenbehandlung besorgter Zugangsweise und einer
ganz manifesten, motivischen, im Dargestellten selbst liegenden Präsenz,
der Kleinpeters neuere Bilder auszeichnet.
5.
Das bisher Errungene, die Qualitäten der Abstraktion, und das neu
Hinzugekommene, die Einflussnahmen von Figur und Verfahren, fügen
sich zusammen. Man könnte an dieser Stelle über das Verhältnis
von Opazität und Transparenz reden, in der Kleinpeter diese hybride
Begegnung Wirklichkeit werden läßt. Doch kehren wir zum Ausgangspunkt
zurück und umkreisen den Hegelianismus aus Beschränkung und
Befreiung, Sinnverlust und Sinngewinn, der damit verbunden ist.
Was ist das Traditionelle und was das Innovative dabei? Mit Greenberg
zu reden betreibt Kleinpeter den fundamentalen Backlash; er hat den Weg
des Fortschritts verlassen. Mit der Postmoderne zu reden, die allen Progressionstheorien
ihre Absage erteilt, hat er sich auf diesen Weg gerade begeben. Das Repertoire
jedenfalls ist vielfältiger geworden, und die Aussagen, die sich
den Bildern ablesen lassen, sind komplexer geworden, denn sie gestatten
keine einfache, lineare Lektüre mehr. So ist es keine Geschmacksfrage,
welche der Facetten in diesem sich mehr und mehr akkumulierenden Oeuvre
man bevorzugt. Als Zeitgenossen bleibt uns nichts anderes übrig als
Kleinpeters Wendung mit aller Wertschätzung zu begegnen. Der Zug
weg vom Zeitgeistigen hin zum Zeitgemäßen, von der Schlichtheit
zur Auffächerung ist unübersehbar.
Doch letztlich hat man diese Hybridität und Polyvalenz schon ganz
am Beginn der Moderne geschätzt, einige Jahre bevor Hegel und sein
Walten des Weltgeistes die Hirne dann auf die Eindeutigkeit des Zielgerichteten
eichte. Zitieren wir am besten Friedrich Schlegel und fügen hinzu,
dass Kleinpeter zumindest in dieser Hinsicht - ob es noch andere Hinsichten
gibt, lassen wir füglich beiseite - ein Romantiker ist. So also schreibt
Schlegel, der Paradetheoretiker der Frühromantik, in seinen 1798
erstmals erschienen Athenäums-Fragmenten: "Es ist gleich tödlich
für den Geist, ein System zu haben, und keins zu haben. Er wird sich
also wohl entscheiden müssen, beides zu verbinden." Ein System
und keines zu haben: Kleinpeters Kunst weiß so gesehen perfekt,
was sie will.
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